Essstörungen
Essstörungen F50 Anorexia nervosa
(Magersucht, BMI <17,5)
Symptomatik
Das Kennzeichen der Anorexia nervosa ist die selbst herbeigeführte Gewichtsabnahme, die in der Regel durch vermindertes Essen erreicht wird, wobei besonders Nahrungsmittel, die als „fett machend“ angesehen werden, weggelassen werden. Manchmal wird die Gewichtsabnahme unterstützt durch Missbrauch von Appetitzüglern, Verwendung von Klistieren, Laxantien oder Diuretika, durch selbst ausgelöstes Erbrechen oder exzessive sportliche Betätigung. Der bestehende Gewichtsverlust wird als ich-synton erlebt. Weigerung, sich Nahrung in ausreichender Menge zuzuführen und große Ängste davor, zu dick zu werden. Das Selbstwertgefühl wird von Magersüchtigen in hohem Maße über das Erreichen von Untergewicht definiert.
Behandlungsziele
1. Kurzfristig ist eine direkte Modifizierung des Essverhaltens bei extrem
untergewichtigen Klienten notwendig (evt. stationäre Behandlung).
2. Informationsvermittlung über die Folgen der Esstörung
3. Aufbauen, unterstützen und ermutigen, sich mit den inneren Konflikten (Krankheit
„Magersucht“ gegen ihr gesundes Selbst) auseinander zu setzen, innerlich auf die
Ängste, die eine Gewichtszunahme auslösen, zuzugehen (im Sinne der
Expositionstherapie bei Angsterkrankungen) und es auszuhalten, es durchzustehen,
um Bewältigung zu lernen.
4. Gewichtsvertrag (für Magersüchtige, die aus eigener Kraft das Gewicht nicht steigern
können; Verstärker zum Einsatz bringen, die einen wirklichen Anreiz bieten)/
Veränderung des Essverhaltens: Einhalten von z.B. fünf Mahlzeiten ohne
Kompensationsversuche
5. Dysfunktionale, irrationale Gedanken, Überzeugungen und Werthaltungen
identifizieren und modifizieren.
6. Störungen im Ausdruck von Gefühlen bearbeiten, Aufbau sozialer Kompetenzen
(Abgrenzung…)
7. Abbau von Druck und Stress durch kompetente Bewältigung
8. Ängste vor Rückfall bearbeiten (Problemsituationen antizipieren, schrittweises
heranführen an Alltag, weiterführende Therapie einleiten (Selbsthilfegruppe).
Behandlungsmethoden
Wesentlich für das Verständnis von Essstörungen ist, dass das Essverhalten der kurzfristigen emotionalen Stabilisierung dient; dies verstärkt die Essstörung und führt langfristig immer tiefer in die Erkrankung. Interventionen müssen auf verschiedenen Ebenen erfolgen.
1. Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung („kein Machtkampf“)
2. Vermittlung von Informationen über die möglichen Folgen anorektischen Verhaltens,
Stressreaktionen, Selbsthilfe, Rückfallprophylaxe
3. Pro-contra-Listen (was spricht für / was gegen meine Essstörung), um die Funktion der
Störung deutlich zu machen und alternative Möglichkeiten zu erarbeiten (z.B. statt „nur
schlank bin ich liebenswert; ich bin liebenswert“).
4. Durch Selbstbeobachtung soll der Ist-Zustand des Essverhaltens festgestellt werden;
Anfertigung von Essprotokollen (Zeiten, Zusammensetzung, begleitende Gedanken,
Gefühle und vorausgehende Situationen).
5. Kognitive Verhaltenstherapie; funktionale Analyse von Auslösereizen, Verhalten und
Konsequenzen. Identifikation dysfunktionaler Gedanken und Infragestellung
sokratischer Dialog). Aufbau rationaler, angemessener Gedanken, Veränderung der
Körperschemata
6. Wahrnehmungstraining (körperorientiert, emotional)
7. Training des emotionalen Ausdrucks; Rollenspiel, Verhaltensübungen.
8. Stressbewältigungstraining; Abbau von Druck und Stress durch kompetente
Bewältigung, Problemlösetraining
9. Gewichtskontrolle und –management (Gewichtsaufbau)
10. Rückfallprophylaxe (Problemsituationen antizipieren und klären; schrittweise
Integration in den Alltag
Der Body-Mass-Index (BMI)
Der Body-Mass-Index – kurz BMI oder kaum gebräuchlich: Quetelets-Index – ist eine in den USA entwickelte Kennzahl, die zur Bestimmung von Unter-, Normal- und Übergewicht herangezogen wird. Die Formel lautet:
Der BMI kann unter Zuhilfenahme von Tabellen zur Klassifizierung herangezogen werden und unterstützt so die Bestimmung des Leitsymptoms für eine Anorexia nervosa oder die Diagnose verschiedener Grade von Adipositas (gilt erst ab dem 16. Lebensjahr!).
Normalgewichtigkeit nach BMI-Tabellen hängt auch vom Alter ab – mit zunehmenden Lebensjahren steigen die Werte für den Bereich des als normal geltenden BMI leicht an, was die nachstehende Tabelle, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stammt, verdeutlicht.
Die Kommastellen sollten korrekt gerundet werden, sodass ganze Zahlenwerte entstehen.