Generalisierte Angststörungen
Generalisierte Angststörung F41.1
Symptomatik
Exzessive, allgemeine und vielfältige Sorgen, Befürchtungen und Ängste, die zu einer deutlichen psychosozialen Beeinträchtigung führen. Dabei verselbständigt sich die Angst und verliert ihre Zweckmäßigkeit und Relation. Die Sorgen sind nicht auf bestimmte Situationen beschränkt (Sorgen-Verhalten). Die Sorgen drehen sich vielfach um banale Themen, wie die Sorge nicht pünktlich zu einem Termin zu erscheinen, aber auch der Sorge einem Familiemitglied könne etwas passieren, etc. Dies kann in ein kontrollierendes Verhalten, zum Beispiel durch Anrufe oder hinterher fahren, übergehen, wenn die Familienmitglieder nicht zum erwarteten Zeitpunkt erscheinen. Dies führt zu einer kurzfristigen Angstreduktion bis erneute Sorgeninhalte auftauchen. Klienten erleben sich weniger als ängstlich als vielmehr gestresst aufgrund der vielen Problemsituationen. Kennzeichnend ist ein Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten sowie motorische Spannung (körperliche Unruhe, Spannungskopfschmerz, Zittern, Unfähigkeit, sich zu entspannen) und vegetative Übererregbarkeit (Benommenheit, Schwitzen, Tachykardie oder Tachypnoe, Oberbauchbeschwerden, Schwindelgefühle, Mundtrockenheit etc.). Die Betroffenen befürchten häufig eine ernsthafte Erkrankung. Die Sorgen beziehen sich eher auf zukünftige Bedrohungen oder Stressoren (eher anhaltende Anspannung als depressive Verstimmung).
Behandlungsziele
1. Grundelemente: kooperatives Arbeitsbündnis, Vertrauen, Transparenz über
Vorgehensweise, Informationsvermittlung, spezifische Psychoedukation,
Unterstützung, Entlastung.
2. Vermittlung von Entspannungsverfahren zur Reduktion des erhöhten
Anspannungsniveaus
3. Veränderung von Sorgen, kognitiven Verzerrungen und dysfunktionalen Kognitionen
(„…immer auf der Suche nach potenziellen Gefahren…; einseitige Aufmerksamkeits-
ausrichtung); Erzeugen von bildlichen statt kognitiven Inhalten („bildhaft vorstellen,
was alles passieren könnte…)
4. Abbau des Vermeidungs- und Rückversicherungsverhaltens. Dies kann mit Hilfe von
Tagesprotokollen aufgedeckt und im Sinne der Exposition mit Reaktionsverhinderung
modifiziert werden (…Anzahl der <Sorgen-> Anrufe reduzieren).
5. Aufbau von Bewältigungskompetenzen (Problemlösetraining); Erlernen von
Basisfertigkeiten, z.B. Abgabe von Verantwortung; Selbstsicherheit, um nein sagen zu
können; Aufgaben hinsichtlich der Wichtigkeit ordnen. Ziel ist die Aufmerksamkeit auf
Aufgaben und nicht auf Sorgen zu lenken.
6. Förderung von mit Angst inkompatiblen Aktivitäten, ressourcenorientierte Arbeiten;
Aufbau und Erweiterung von Verhalten, dass ohne Angst ausgeführt wird.
Behandlungsmethoden
1. In den anfänglichen Sitzungen werden (entsprechend SORKC) die Problem-
verhaltensweisen (z.B. „worrying“, vegetative Reaktionen, Vermeidung),
angstauslösende Kognitionen, Konsequenzen (z.B. Angstreduktion, Vermeidung sozialer
Konsequenzen…) und Organismusvariablen (Stress- und Überlastungssymptome,
Lebensgeschichte) sowie Ressourcen erfasst.
Es geht zunächst darum, ein für den Klienten plausibles initiales
Störungsmodell zu erarbeiten (Sensibilisierung für die Störung / Unterscheidung
zwischen „normalen“ Alltagssorgen und dem pathologischen Sichsorgen >Gründe für
das Zuspätkommen der Freundin…<. Informationsvermittlung, spezifische Vermittlung
von theoretischen Kenntnissen zur Angstentstehung und –stabilisierung
(Teufelskreismodell der Angst), Unterstützung, Entlastung, Aufklärung über die
physiologischen Reaktionen und deren Unabhängigkeit von einer somatischen
Erkrankung.
2. Vermittlung von Entspannungsverfahren (PMR, Autogenes Training, Imaginationen,
Atemübungen, Achtsamkeitsübungen) zur Reduktion der Grundspannung und zur
Bewältigung von Unsicherheit
3. Modifikation kognitiver Verzerrungen (nach Beck); Bearbeitung von Metakognitionen,
RET im sokratischen Dialog nach Ellis, Selbstbeobachtungsaufgaben,
Realitätsprüfung, Sorgenexpositionen, Sorkenketten zu Ende denken nach E. Becker
und Margraf, 2002
4. Tagesprotokolle und Exposition mit Reaktionsverhinderung
5. Problemlösetraining, Erlernen von Basisfertigkeiten
6. Aktivitätsaufbau, Ressourcen aktivieren und bestärken
7. Aufbau einer Rückfallprophylaxe